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Fortschreibung und Konkretisierung der Sanierungsziele im Sanierungsgebiet "Zentrale Fußgängerzone" und Erlass einer Änderungssatzung

Im August 2024 wurde die Galeria Kaufhof am Neupfarrplatz geschlossen. Damit liegt im Bereich des Sanierungsgebiets "Zentrale Fußgängerzone" ein massiver Leerstand mit einem enormen Eingriff in das funktionale Gefüge der Altstadt vor. Handlungen infolge städtebaulicher Misstände werden insbesondere im Teilbereich ehemaliger Kaufhauskomplex am Neupfarrplatz erforderlich.

Fotografie - Luftaufnahme AltstadtFotografie - Blick auf ehemaliges Kaufhof-Gebäude von obenKarte mit Sanierungsgebiet in der Altstadt

Ausgangslage
Karte mit Sanierungsgebiet in der Altstadt © Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA), München, 2025

Das Sanierungsgebiet „Zentrale Fußgängerzone“ wurde am 03.02.2023 förmlich festgelegt. Die vorbereitenden Untersuchungen (VU) „Zentrale Fußgängerzone“ und das parallel erarbeitete integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) „Zentrale Altstadt“ wurden vom Stadtrat in seiner Sitzung am 24.01.2023 als Grundlage für die Entwicklung in der zentralen Altstadt einstimmig beschlossen (VO/22/19625/66).

Die Verwaltung wurde beauftragt:

  • die in VU und ISEK erarbeiteten Ziele und Maßnahmen sukzessive umzusetzen
  • die dafür erforderlichen Beschlüsse herbeizuführen sowie
  • den Stadtrat und die Öffentlichkeit regelmäßig über den Umsetzungsstand bzw. über Änderungen im ISEK zu
    informieren.

Gemäß § 142 Abs. 3 BauGB (Baugesetzbuch) sollen Maßnahmen in Sanierungsgebieten in einem Zeitraum von bis zu 15 Jahren umgesetzt werden. In der langen Geltungsdauer der Sanierungssatzung liegt begründet, dass über diesen Zeitraum eine Anpassung und Konkretisierung der Zielsetzungen geboten ist.


Anlass zur Konkretisierung der Sanierungsziele

Das ehem. Kaufhausgebäude stellt ein städtebaulich prägendes Gebäude in der zentralen Altstadt dar. Mit der Schließung des ehem. Kaufhauskomplexes am Neupfarrplatz geht ein massiver Leerstand und ein enormer Eingriff in das funktionale Gefüge der Altstadt einher. 26.000 Quadratmeter Gesamtnutzfläche bzw. 12.600 Quadratmeter Verkaufsfläche stehen leer. Dies entspricht rund 20 Prozent der Gesamtverkaufsfläche in der Regensburger Altstadt. Durch die aktuelle Situation droht unter anderem, die von der Stadt selbst auferlegten Ziele des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes 2030 zu verfehlen (Altstadt als Einkaufsstandort Nummer Eins, Verkaufsfläche stets größer als die der weiteren oberzentralen Standorte Arcaden und Donau-Einkaufzentrum, siehe Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Regensburg 2030 – VO/20/16794/66).

Die Wiederbelebung der ehem. Kaufhausimmobilie am Neupfarrplatz wird vor dem Hintergrund der Bedeutung des Platzes für die Stadtgesellschaft umso relevanter. Dem Neupfarrplatz kommen wesentliche städtebauliche Aufgaben im Zusammenhang mit dem einstigen Einkaufsmagneten zu. Er ist zentraler Ort, sozialer Treffpunkt und bietet Raum für Diversität.

Nach der Schließung von Galeria Kaufhof fehlt dem Neupfarrplatz ein wichtiger Anknüpfungspunkt und Frequenzbringer. Der Leerstand hat in vergleichsweiser kurzer Zeit eine Vielzahl von negativen Folgen ausgelöst:

  • Vermüllung, Beschmierung und Vandalismus
  • Angsträume infolge dunkler Schaufenster und fehlender Passanten
  • fehlende Durchwegungsmöglichkeiten und fehlende Verflechung

Sowohl die bauliche Beschaffenheit der Immobilie und die ggf. nicht mehr vorhandene Funktionsfähigkeit des Gebiets (siehe § 136 BauGB) begründen die Fortschreibung der Sanierungsziele für den Teilbereich Neupfarrplatz 8.


Rahmenbedingungen Neupfarrplatz und ehemalige Kaufhausimmobilie

Die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH München (GMA) wurde im Januar 2025 mit der Kurzstudie "Teilbereich ehemaliger Kaufhauskomplex am Neupfarrplatz - Konkretisierung der Sanierungsziele und Grobnutzungskonzept" beauftragt.

Die GMA stellt in ihrer Studie für den Neupfarrplatz und die ehem. Kaufhausimmobilie folgende notwendige Rahmenbedingungen fest

  • Förderung der sozialen Mischung durch die zu realisierenden Angebote in der Regensburger Altstadt
  • Berücksichtigung aller Bevölkerungsgruppen gleich welchen Alters, Geschlechts, sozialen Hintergrunds oder welcher Herkunft und Religion
  • Steigerung der Attraktivität der Regensburger Altstadt als Ort der Begegnung und der Versorgung
  • Aufgreifen aktueller Trends der Innenstadtentwicklung bei gleichzeitig zukunftsorientierter Ausrichtung der Immobilie
  • Berücksichtigung der Stadt der kurzen Wege (15 Minuten Stadt) zur Reduktion von Einkaufs-, Versorgungs- und Erledigungsfahrten infolge der räumlichen Bündelung von Angeboten (frequenzsteigernde Wirkung)
  • Stärkung öffentlicher, nicht kommerzieller Angebote in der Regensburger Altstadt
  • Unterstützung der Funktion der Regensburger Altstadt als sozialer Treffpunkt für die Stadtgesellschaft, regionale Bewohner sowie Touristen und Gäste (nicht nur Einkaufs- und Konsumort) durch eine gelungene Verbindung aus sozialen Treffpunkten, kulturellen Angeboten und gemischter Nutzungsstruktur, die die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Bedürfnisse und Ansprüche erfüllen
  • Erlebnisorientierung als Schlüssel zur Stärkung der Innenstädte durch Events, thematische Einkaufsrouten und Erlebniswelten zur emotionalen Bindung.

„Das ehemalige Galeria Kaufhof Gebäude am Neupfarrplatz steht exemplarisch für die Herausforderungen und Chancen der Nachnutzung großer Warenhausimmobilien in historischen Innenstädten. Dabei ist von großer Bedeutung, dass sich neue Nutzungen harmonisch in die bestehenden städtebaulichen und sozialen Strukturen einfügen müssen. Die zukünftige Nutzung solcher Gebäude soll darauf abzielen, den sozialen Austausch und
die kulturelle Vielfalt zu fördern und gleichzeitig die historischen und städtebaulichen
Gegebenheiten respektieren“ (GMA Kurzstudie S. 14). Die Beispiele ehem. Warenhäuser zeigen durchweg die Kombination unterschiedlicher frequenzgenerierender Mieter aus dem Einzelhandel und Nicht-Einzelhandel.


Konkretisierung der Sanierungsziele
Bestehende Sanierungsziele Konkretisierte Sanierungsziele im Licht der Kaufhaus-Entwicklung
Wertvolle Altstadt: Historische
Bausubstanz sichern,
kleinteilige Strukturen
erhalten, Denkmalschutz
vermitteln.
Die Schließung des GALERIA Kaufhof ermöglicht eine städtebauliche Transformation, die sich an den historischen Strukturen der Altstadt orientiert. Ein teilweiser Rückbau / Umbau oder eine Neustrukturierung des Gebäudes betont den Charakter der Altstadt und trägt zur Steigerung der Aufenthalts-qualität bei. Die architektonische Gestaltung der Immobilie steht im Einklang mit dem Stadtbild; eine bauliche Umgestaltung oder Fassadenanpassung kann erforderlich sein.
Attraktives Wohnen: Flexible
Wohnkonzepte, soziale
Durchmischung, lebenswerte
Altstadt.
Mögliche Sonderformen des Wohnens in Teilbereichen der Immobilie sollen geprüft werden. Hierzu können z. B. betreutes Wohnen, studentisches Wohnen gehören. Solche Konzepte fördern die soziale Durchmischung in der Altstadt als lebendigen und lebenswerten Wohnort.
Multifunktionalität:
Mischnutzung von Wohnen,
Arbeiten, Einzelhandel /
Gewerbe, Dienstleistungen,
Freizeit.
Die GALERIA-Fläche wird als Teil eines gemischt genutzten Stadtquartiers weiterentwickelt, der Einzelhandel, Gewerbe, Gastronomie, Dienstleistungen und kulturelle Nutzungen integriert. Besondere Berücksichtigung finden sowohl großflächige Handelsflächen (Ansiedlung Einkaufsmagnete) als auch flexiblere
Angebotsstrukturen, um die Belebung des Quartiers zu fördern.Multifunktionale Raumangebote können entstehen, die tagsüber als Arbeitsräume und abends für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden.
Neues Bauen: Moderne
Architektur im Einklang mit
Denkmalschutz.
Das städtebauliche Erbe des Standorts wird gewahrt. Architektonische Anpassungen integrieren die Immobilie stärker in die Altstadtstruktur und knüpfen an die lange Kaufhausgeschichte des Standorts an. Gleichzeitig unter-streichen innovative Gestaltungselemente die Fähigkeit eines überwiegend historisch geprägten Standortes, auch zeitgenössischer Architektur einen Platz zu bieten.
Lebendige Altstadt:
Treffpunkte schaffen,
ausgewogene
Veranstaltungsstrategie.
Die GALERIA-Fläche wird in eine multifunktionale Struktur umgewandelt, die urbane Vielfalt, Nutzungsmischung und Aufenthaltsräume fördert. Es sollen Treffpunkte und konsumfreie Zonen entstehen. Die Integration von Kulturangeboten führt zu Synergien mit dem umliegenden Einzelhandel und der Gastronomie. Weiterhin wird ein innovatives Nutzungskonzept mit Handels-, Dienstleistungs- und Kulturangeboten angestrebt. Experimentelle Konzepte wie flexible Flächennutzungen oder ein Innovationszentrum für Start-ups könnten implementiert werden.
Nachhaltige Mobilität:
Multimodale
Verkehrslösungen und
Öffentlichkeitsarbeit
Ein Mobility Hub am Standort des ehemaligen Warenhauses muss
aufgrund der zentralen Lage angedacht werden (1. bzw. 2. UG
Fahrradparkhaus, Sharing-Angebote etc.). Durch die Integration des
Standortes in ein multimodales Verkehrskonzept wird die Altstadt zum Zentrum für emissionsarme Mobilität und umweltfreundliche
Fortbewegung.
Gerechte Flächenverteilung:
Stadtfläche für alle nutzbar
machen.
Die Immobilie soll als Ankermieterstandort erhalten bleiben und durch komplementäre Nutzungen ergänzt werden, die Frequenz und Attraktivität für umliegende Betriebe generieren. Modelle wie Markthallenkonzepte, Pop-Up-Flächen oder Shared-Work-Spaces sind prüfbar. Einzelhandelsflächen (Verkaufsflächen größer 800 m²) bleiben ein zentraler Bestandteil und sind für das Erdgeschoss, mindestens das erste Obergeschoss und ggf. das erste Untergeschoss vorzusehen. Gleichzeitig wird ein Teil des Raums für konsumfreie Bewegungs- und Begegnungsflächen reserviert, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Eine bessere Verknüpfung von Verkaufs- und öffentlichen Räumen unterstützt längere Verweildauern und steigert die Attraktivität der Altstadt.
Klimaschutz und -anpassung:
Maßnahmen gegen Hitze und
für Nachhaltigkeit.
Energetische Sanierungen am GALERIA-Gebäude unter Nutzung nachhaltiger Konzepte wie Dachbegrünung, Regenwassermanagement sind umzusetzen, um den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden (u. a. Reduzierung von CO₂-Emissionen). In Abhängigkeit des baulichen Zustandes des Gebäudes
kann ebenfalls eine Prüfung auf Abriss und Neubau der Immobilie erfolgen.
Urbanes Grün: Förderung von
Grünflächen in der steinernen
Altstadt.
Der Vorplatz der GALERIA wird zu einer einladenden Zone mit Begrünung, konsumfreien Sitzmöglichkeiten und temporären Kulturveranstaltungen. Mobilitätsangebote (Fahrradständer, E-Roller Zonen etc.) zur Belebung und Attraktivitätssteigerung sind umzusetzen. Urbanes Grün unterstützt die Klimaanpassung und stärkt die Altstadt als attraktiven Lebens- und Erholungs-raum.
Sanfter Städtetourismus:
Verträgliche Entwicklung mit
Fokus auf Bevölkerung.
Die leerstehenden Flächen könnten auch für Slow-Tourism-Angebote wie interaktive Ausstellungen oder Kulturzentren genutzt werden, die nachhaltige Erlebnisse in der Altstadt fördern. Gleichzeitig bietet der Standort Potenzial für das MICE-Segment (Meetings, Incentives, Conventions, Exhibitions) mit flexiblen Konferenz- und Tagungsräumen. Diese Ansätze fördern längere Aufenthalte und
kombinieren Geschäftstourismus mit kulturellen Erlebnissen, um die touristische Wertschöpfung zu steigern.
Kultur in der Altstadt:
Förderung von Kulturorten
und Kooperation.
Veranstaltungsräume, Kultureinrichtungen oder temporäre Kunstformate, welche multikulturelle Angebote bedienen, könnten integriert werden, um die kulturelle Vielfalt in der Altstadt zu fördern. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Akteure entstehen innovative Projekte, die alle Bevölkerungsgruppen einbeziehen. Die Verbindung von historischem Erbe mit zeitgenössischen
Kulturformaten stärkt die Altstadt als lebendigen und inklusiven Kulturstandort, der Kunst und Kultur für alle zugänglich macht.

Tabelle 1: Konkretisierung der Sanierungsziele, GMA 2025

Die Ergebnisse der GMA-Studie mit den konkretisierten Sanierungszielen sind gemeinsam mit den Leitzielen und Maßnahmen VU/ISEK umzusetzen.


Änderung der Sanierungssatzung „Zentrale Fußgängerzone“

Zur Sicherung der fortgeschriebenen Sanierungsziele wurde die Sanierungssatzung angepasst. Die umfassende Anwendung von § 144 BauGB entspricht dem im Sanierungsrecht typischerweise angelegten Grundfall. Die Genehmigungspflichten des § 144 BauGB dienen gerade dazu, die genannten Sanierungsziele sowie die grundsätzliche Durchführbarkeit der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme zu sichern. Zu dieser grundlegenden Anwendung kehrt die Stadt zurück.

  • Die Genehmigungspflicht gemäß § 144 Abs. 1 BauGB stellt sicher, dass sämtliche Bauvorhaben, Nutzungsänderungen, befristete Miet- und Pachtverträge mit einer Laufzeit
    von mehr als einem Jahr einer wirksamen vorherigen Kontrolle der Verwaltung unterliegen.
  • Die Genehmigungspflicht gemäß § 144 Abs. 2 BauGB ist für die Durchführung der Sanierung ebenfalls erforderlich, da die Sanierungsmaßnahmen nicht nur städtische Flächen, sondern auch private Flächen betreffen. Somit können Genehmigungen versagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass Vorhaben oder Miet- / Pachtverträge die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würden (§145 Abs. 2 BauGB).

In Anbetracht der zuvor beschriebenen Ereignisse um das vormalige Warenhaus Galeria ist diese Rückkehr zur Anwendung des § 144 BauGB in voller Gänze aus Sicht der Stadt
Regensburg angezeigt. Bestimmte genehmigungspflichtige Tatbestände mit geringfügigen städtebaulichen Auswirkungen können im Nachgang durch die Anwendung einer
Allgemeinverfügung vorweg genehmigt werden, um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten.


Zukunftsperspektiven ehem. Kaufhauskomplex am Neupfarrplatz

Deutschlandweit zeigen Beispiele aus bereits umgenutzten Warenhäusern bzw. sich in Umnutzung befindlichen Objekten die vielseitigen Drittverwendungsmöglichkeiten der innerstädtischen Großimmobilien auf. Obgleich sich die wirtschaftliche Tragfähigkeit erst noch herausstellen muss, kristallisieren sich folgende, auch in Regensburg zum
Immobilientyp „passende“ Nutzungsbausteine heraus:

Grafik mit sogenannten Nutzungsbausteinen © Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA), München, 2025

Grobnutzungskonzept ehem. Kaufhauskomplex am Neupfarrplatz

Nutzungskonzeption im Sinne einer ersten Grobskizze der GMA - diese ersetzt keine vertiefende Machbarkeitsstudie:

Grafik mit Text über Perspektiven © Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA), München, 2025