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„Es wäre unverantwortlich, jetzt das Vorkaufsrecht zu ziehen“

Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer spricht über die Zukunft des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes am Neupfarrplatz.

Fotografie: Blick auf den Kaufhauskomplex auf dem Neupfarrplatz 8
Blick auf den Kaufhauskomplex auf dem Neupfarrplatz 8 © Bilddokumentation Stadt Regensburg

27. Februar 2025

Die Nachricht vom Verkauf des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes am Neupfarrplatz und angebliche Pläne für ein arabisch-islamisches Kulturkaufhaus sorgen seit Wochen für Schlagzeilen. Die Stadt hat bis Anfang März Zeit, den Kaufvertrag zu prüfen und ein mögliches Vorkaufsrecht zu ziehen. In seiner Sitzung am 27. Februar 2025 hat der Stadtrat über das weitere Vorgehen entschieden. Demnach wird die Stadt ihre bauplanungsrechtlichen Vorgaben für den Bereich deutlich verschärfen und Einfluss auf die künftige Nutzung nehmen. Von einem Vorkaufsrecht wird sie aber keinen Gebrauch machen. Die Hintergründe dieser Entscheidung erläutert Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer im regensburg507-Interview.

Porträt: Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer
Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer © Bilddokumentation Stadt Regensburg

Frau Maltz-Schwarzfischer, warum kauft die Stadt das Gebäude nicht einfach?

Wir waren nie grundsätzlich gegen einen Kauf und sind auch nach wie vor zu Verhandlungen bereit. Aber wir kaufen nicht zu jedem Preis und unter allen Bedingungen. Nur wenn die Stadt oder ein seriöser Dritter das Gebäudeareal im Gesamtpaket erwerben kann, ist eine sinnvolle Entwicklung möglich. Niemand kauft sich ein Haus ohne Haupteingang (hier der Richtung Neupfarrplatz). Im Moment könnten wir über das Vorkaufsrecht nur in den bestehenden Kaufvertrag einsteigen. Das wäre für die Stadt eindeutig ein ungünstiges Geschäft, nicht nur finanziell.

Warum?

Es gibt mehrere Gründe. Erstens: Auf einem Teil des Gebäudes liegt ein Erbpachtvertrag. Dieser Teil des Gebäudes wurde nicht mitverkauft. Das heißt: Wenn wir in den bestehenden Kaufvertrag einsteigen, würde uns die Immobilie nicht komplett gehören und wir könnten auch nicht über das ganze Gebäude verfügen und den Standort zügig wieder beleben. Zweitens: Nach allem, was wir wissen, ist der Zustand des Gebäudes so, dass es vor einer weiteren Nutzung zunächst erheblich umgebaut und saniert werden muss. Unter anderem deshalb scheint der Kaufpreis, der momentan im Raum steht, deutlich überhöht. Und damit bin ich beim dritten Punkt: Einiges von dem, was in den vergangenen Wochen passiert ist, deutet darauf hin, dass die Stadt unter Druck gesetzt werden soll, um zu einem überteuerten Preis zu kaufen – auf Kosten der Steuerzahler. Das werden wir nicht tun, das wäre unverantwortlich.

Was meinen Sie konkret?

Wenn jemand an so einer zentralen Stelle in dieser Größe etwas Neues etablieren möchte, wäre zu erwarten, dass er zunächst mit der Stadt spricht, ob das Vorhaben möglich ist und was es zu beachten gilt. Unsere „Task Force Galeria“ war in Kontakt mit dem bisherigen Eigentümer, um bei der Entwicklung des leerstehenden Gebäudes zu unterstützen. Von dem Verkauf haben wir als Stadt aber erst erfahren, als uns der zuständige Notar – wie in solchen Fällen üblich – den unterschriebenen Kaufvertrag zugeschickt hat. Ab diesem Moment war für uns wochenlang weder die Verkäufer- und schon gar nicht die Käuferseite zu erreichen. Statt mit der Stadt zu sprechen, wurden die Pläne dann Anfang Januar von einem angeblichen, uns nicht bekannten „Investor“ ausführlich über die Lokalzeitung veröffentlicht. Die Stadt hat bisher weder Kontakt zum Käufer (einer Privatperson mit Wohnsitz im Ausland) noch konnte eine Verbindung von diesem zu irgendeiner Investorengruppe festgestellt werden. Die veröffentlichten Pläne haben – wie nicht anders zu erwarten – heftige Reaktionen und Ängste in der Stadtgesellschaft ausgelöst. Neben vielen Zuschriften an die Stadt gab es auch eine Petition gegen das Vorhaben. Die Art und Weise, wie das gelaufen ist, legt nahe, dass hier gezielt mit Vorurteilen und Ängsten gespielt und die Gesellschaft aufgehetzt werden sollte. In dieselbe Richtung zielte ganz offenbar das Transparent „Happy Ramadan“, das Ende Februar am Balkon der Alten Wache angebracht worden ist. Kurz vor der entscheidenden Stadtratssitzung sollte hier ganz offensichtlich noch einmal Druck ausgeübt werden. Abgesehen von allem anderen finde ich dieses Vorgehen, bei dem einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden, auch für das gesellschaftliche Klima in unserer Stadt ganz schrecklich. Ich habe mich dazu auch mit vielen gut integrierten, muslimischen Mitbürgern ausgetauscht, die nun sehr besorgt sind.

Wenn die Stadt nicht in den Vertrag einsteigt: Wird der ehemalige Kaufhof dann zum arabisch-islamischen Kulturkaufhaus?

Nein. Diesen Plan halte ich für vorgeschoben, das heißt ich glaube, dass das nie geplant war, sondern eben dazu dienen sollte, die Stadt unter Druck zu setzen. Eines möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich klarstellen: Es geht nicht darum, religiöse Räume für Menschen muslimischen Glaubens zu verhindern. Aber: An dieser Stelle brauchen wir einen Frequenzbringer, einen echten Publikumsmagneten, der möglichst viele Menschen in die Altstadt zieht. Deshalb ist es wichtig, dass hier ein Ort entsteht, der alle Bevölkerungsgruppen anspricht – unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion oder Herkunft. So, wie die geplante Nutzung bisher öffentlich dargestellt wurde, kann sie diese Rolle mit Sicherheit nicht erfüllen.

Welche Einflussmöglichkeiten hat die Stadt an dieser Stelle?

Unser Hebel ist die Planungshoheit der Stadt und das Bauplanungsrecht. Das Gebäude liegt im Sanierungsgebiet „Zentrale Fußgängerzone“. Dieses Sanierungsgebiet wurde 2023 erlassen, um die Ziele, die wir für die Entwicklung der Altstadt haben, festzulegen und besser umsetzen zu können. Wir haben die Sanierungsziele nun in Hinblick auf die künftige Nutzung des Gebäudes fortgeschrieben und konkretisiert. Das heißt, wir haben für jeden einzelnen Aspekt festgehalten, wie das ehemalige Kaufhaus dazu beitragen kann, das jeweilige Ziel zu erreichen. Herausgekommen ist ein Konzept möglicher multifunktionaler „Nutzungsbausteine“, die von Büros, Bildungseinrichtungen, Freizeit und Sport über besondere Wohnformen (z. B. für Studierende oder Senioren), großflächigen Einzelhandel, Nahversorger, Dienstleistungsanbieter, Gastronomie und Flächen für Mobilitätsangebote reichen. Gleichzeitig haben wir die vorhandenen Genehmigungspflichten in der Sanierungssatzung ausgeweitet. Neben baulichen Veränderungen müssen künftig zum Beispiel auch Grundstücksverkäufe und Grundbuchbelastungen grundsätzlich von der Stadt genehmigt werden. Zusätzlich wird ein Bebauungsplan aufgestellt, der ein Sondergebiet am Neupfarrplatz 8 vorsieht. Dadurch können wir einen Katalog möglicher Nutzungen vorgeben, die der städtebaulichen Entwicklung und den Sanierungszielen entsprechen. Der ehemalige Kaufhof ist ein zentraler Ort für unsere Altstadt und muss entsprechend entwickelt werden. Das wird sicher nicht von heute auf morgen gehen, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier auf lange Sicht wieder eine Nutzung haben werden, die dieser Rolle gerecht wird.

Text und Interview: Katrin Butz